09.06.2019 16:54

Umwelt & Lebensqualität

Korneuburg wird "Plastikfreie Gemeinde"

Auch Korneuburg will Maßnahmen setzen, um Plastikmüll zu vermeiden. Das wurde im Gemeinderat am 15. Mai nach ausgiebigem "Politgeplänkel" beschlossen. Der Umweltausschuss soll jetzt dafür sorgen, dass den Worten auch Taten folgen.

Das Problem

8.300 Milliarden Tonnen Plastik wurden seit den 1950ern erzeugt. In Österreich waren's 2015 satte 1,03 Mio Tonnen - ein Drittel davon als Verpackung (Quelle Global 2000k).
115 kg Plastimüll pro Kopf wurde lt. ARA 2015 in Österreich gesammelt - der Großteil (2/3) davon landet in der Verbrennung.
Und dann auch noch das Problem des "Litterings" - achtlos weggeworfen bleibt Plastik der Umwelt über zig bis hunderte Jahre. Allein die Donau transportiert jährlich 40 Tonnen Plastik ins Meer! Quelle Global 2000

Das Problem, das wir nun seit den 1950ern angesammelt haben zeigt sich inzwischen überall. Bilder von Walen mit plasitkgefüllten Bäuchen, Plastikinseln im Meer.... alles unvorstellbar aber traurige Wahrheit.

Anstrengungen auf allen Ebenen nötig!

Plastikvermüllung ist ein globales Problem, zu dem jede/r Einzelne beiträgt. Deshalb sind Anstrengungen auf allen Ebenen nötig - weltweit, europaweit, österreichweit und eben auch in der Gemeinde.

Was bedeutet plastikfreie Gemeinde?

Mit dem Grundsatzbeschluss nimmt die Stadtgemeinde sich vor, Maßnahmen zur Vermeidung von Plastikmüll zu setzen bzw. zu unterstützen.

Beispiele?
* Festln vor Ort - Alternativen zum Einwegplastikgeschirr anbieten (Leihgeschirr, Geschirrmobil) und bei "eigenen" Festln vorbildlich umsetzen (z.B. das leidige Thema der Styroporbecher beim Adventmarkt endlich lösen)
* "Sackerlsystem" für den Grünmarkt (+Gespräche mit den Handelsketten vor Ort, hier Aktionen umzusetzen)
* Angebot an korneuburger Essens-Auslieferungs-Anbieter zur Umstellung auf Mehrwegsysteme
* Bewusstseinsbildung an Schulen und bei Veranstaltungen - Sichtbarmachung z.B. auch im ASZ und bei der Kläranlage
* Hundekotsackerl auf Bio-Plastik umstellen

reine Willensbekundung

Der Grundsatzbeschluss enthält keine Ziele, keine Quoten - es geht einfach um eine "Willensbekundung". Umso unverständlicher ist das Politgeplänkel (zum Nachlesen ganz unten) im Vorfeld des Beschlusses.

Ziele und Quoten wären auf Gemeindeebene auch nicht erfüllbar: Gemeinden haben auch so gut wie keine Möglichkeit, "harte Maßnahmen" (Verbote, Strafen) zu setzen - aber sie sind am "bürgernächsten" und können
* vorbildlich agieren (Bewusstseinsbildung) und
* vor Ort Angebote schaffen, die den BürgerInnen "Plastikfreiheit" ermöglichen.

Frommer Wunsch oder wirkliches Anliegen?

Es gibt ja schon in vielen Bereichen Ideen und Vorschläge zur Plastikvermeidung, die bisher oft an der fehlenden Schwerpunktsetzung oder an der Finanzierung gescheitert sind. Der Grundsatzbeschluss könnte und sollte die Umsetzung dieser Ideen beschleunigen.

Bei der Umsetzung der "plastikfreien Gemeinde" wird's auf ein wichtiges Detail ankommen: Ist uns die Reduktion von Plastikmüll in Korneuburg "öffentliche Gelder" wert, oder setzt Korneuburg weiter auf "Freiwilligkeit"?
Reicht es, Veranstalter und Wirtschaft zu bitten, auf Mehrweg umzusteigen - oder bietet die Gemeinde Unterstützung an?
Die Diskussionen darüber finden jetzt (nicht öffentlich) im Umweltausschuss statt.

Wir sind der Meinung: Das mit der Freiwilligkeit funktioniert nur, wenn es entsprechende Anreize gibt - das gilt für die lokale Ebene genauso wie für die Bundesebene.

die Freiwilligkeit - Sidestep zur Bundespolitik

Jahr(zehnt)elang haben Österreichs (ÖVP) UmweltministerInnen auf Freiwilligkeit gesetzt - der Erfolg: die Probleme sind größer geworden:
*Getränkeverpackungen weder die Verankerung einer Verpflichtung von Mehrwegquoten für Getränkeverpackungen - noch ein Pfandsystem für Dosen und PET-Flaschen wie in Deutschland war in Österreich bisher möglich. De Facto haben zahlreiche UmweltministerInnen zugeschaut, wie die Mehrwegflaschen aus den Supermarktregalen verschwunden sind.
Plastiksackerl: Auch beim Plastiksackerlverbot zählten Österreichs UmweltministerInnen nicht zu den VorreiterInnen in der EU: Bereits am 28. April 2015 hatte das Europäische Parlament dem Vorschlag zum Verbot von leichten Kunststofftragetaschen der dänischen Grünen Margarethe Auken zugestimmt, die die Richtlinie im Umweltausschuss jahrelang vorangetrieben hat. Jetzt läuft die Frist für die Umsetzung durch die Mitgliedsstaaten aus - der österreichische Entwurf hat's zwar durch den Ministerrat, aber noch nicht ins Parlament geschafft.

Verbote und gesetzlich verpflichtende Quoten sind wichtig - nur so kann Plastik tatsächlich in einem sichtbaren Ausmaß vermieden werden.

die Freiwilligkeit am Beispiel Grundsatzbeschlüssen in Korneuburg

Korneuburg hat ja schon einige "visionäre" Grundsatzbeschlüsse getroffen. Bei der Umsetzung wird dann leider oft auf die vorangegangene "Willensbekundung" vergessen - und Hinweise darauf dankbar ignoriert.
* Seit 1999 sind wir Klimabündnis-Gemeinde - im Energiekonzept verankert ist auch das Ziel der Energieautonomie. Von einer Umsetzung der Klimabündnis-Ziele (Reduktion der CO2-Emissionen) sind wir meilenweit entfernt. Zuletzt wurde im Badbeirat eine energieintensive Investition (Traglufthalle) beschlossen - und nicht einmal ansatzweise versucht, dies z.B. durch weitere PV-Module zumindest annähernd auszugleichen.
* Korneuburg hat auch schon mal grundsätzlich beschlossen, bei gemeindeeigenen Bauten kein PVC mehr einzusetzen - beim Vergabebeschluss sowohl beim Boden der Sporthalle, als auch beim Kindergartenprovisorium hat man halt drauf vergessen und die Enthaltung der GRÜNEN beim Vergabebeschluss schweigend "hingenommen".

Wir GRÜNE nehmen Grundsatzbeschlüsse ernst und sehen sie als Auftrag, sie bei Entscheidungen des Gemeinderates zu berücksichtigen. Und wir werden das auch bei der "plastikfreien Gemeinde" tun.

Politgeplänkel im Gemeinderat

Während in vielen Gemeinden der Grundsatzbeschluss zur "plastikfreien Gemeinde" recht einfach über die Bühne ging, lieferte man sich in Korneuburg ein Politgeplänkel erster Klasse:
Erst wurde einem Antrag der SPÖ (mit Unterstützung der GRÜNEN) von der ÖVP-Mehrheit die Dringlichkeit abgesprochen - mit der Begründung, dass die ÖVP sich da "eh schon einiges überlegt hätte". Nachdem diese ÖVP-Ideen weiterhin geheim blieben, legte die SPÖ mit dem Sammeln von Unterschriften für einen Initiativantrag nach - der wurde im April-Gemeinderat eingebracht und dem Umweltausschuss zur Prüfung weitergeleitet. Der prüfte auch (es waren genug Unterschriften) und es gab schon mal erste Umsetzungsideen. Was es nicht gab: eine Vorlage zur Beschlussfassung im Gemeinderat.
Deshalb nochmals Dringlichkeitsantrag von SPÖ und Grünen - der dann nach langer, inhaltsloser Diskussion doch im Gemeinderat beschlossen wurde.

Wozu das Theater?
wenn sich doch "eh alle einig sind" kann's eigentlich nur daran liegen, dass der Antrag von der SPÖ eingebracht wurde.

Unser Wunsch: Wenn ÖVP und SPÖ sich jetzt bei Umweltthemen profilieren wollen, dann doch bitte bei der Umsetzung! Ob mit oder ohne "Polittheater" - wir würden uns freuen, wenn wir bei den Umsetzungsforderungen nicht immer allein dastehen würden!