23.09.2018 11:15
Gemeinde & Budget Umwelt & Lebensqualität
Raumordnung - drüberg'fahren...
nach fast zwei Jahren Bausperre soll nun eine Raumordnungs-Änderung beschlossen werden, die alternative Wohnformen für einen großen Teil des Stadtgebiets ausschließt - kreative (oder "bescheuerte") Lösungen" zur Ausnutzung von jedem Zentimeter Baufläche aber nicht.
Warum wir gegen diese plakative Aktion und für eine detaillierte Diskussion unserer Flächenwidmungs- und Bebauungsplanung - grätzelweise und mit den BürgerInnen - eintreten? Weil dieses Drüberfahren weit mehr Probleme schaffen als beheben kann...
Beschränkung auf 3 Wohneinheiten - eine plakative Ansage mit wenig Wirkung
Streitpunkt ist die Beschränkung auf maximal 3 Wohneinheiten pro Grundstück. Diese Regelung wird von der ÖVP als Allheilmittel für den Erhalt einer kleinstädtischen Struktur im "Einfamilienhausbereich" der Stadt verkauft.Neben der Tatsache, dass auch einige bestehende Mehrfamilienhäuser von dieser Regelung betroffen sind, schützt sie aber keineswegs vor "Monsterbauten" und "bescheuerten Lösungen" wie das umstrittenen Projekt in der Chimanigasse. Auch großflächige Verbauungen und oder schlechte Kommunikation von Bauträgern mit AnrainerInnen wie bei den Gardena-Gründen würden damit nicht verhindert. Denn die Bebauungsdichten und -höhen werden nirgends gesenkt - im Gegenteil.
Durch die Beschränkung auf Wohneinheiten/Gebäude werden besonders alternative Wohnformen wie Baugruppen oder auch althergebrachtes wie das Zusammenleben mehrer Generationen in einem Haus mit getrennter Wohneinheit ("Ausnahm") be/verhindert.
Zuguter Letzt: Kaum jemand in Korneuburg hat mitbekommen, dass er/sie betroffen sein könnte und was da geplant ist, auch wenn die Auflagefrist eingehalten wurde. Die Unterlagen waren nur am Bauamt einzusehen - welche Bereiche letztlich betroffen sind, haben auch die GemeindepolitikerInnen erst vergangene Woche wirklich erfahren.
Transparenz und aktive Bürgerbeitiligung sehen anders aus...
Bebauungsdichten, -höhen, Fluchtlinien und Abstandsregelungen
Die Bauordnung liefert zahlreiche "Werkzeuge" für eine klare Stadtplanung, die "bescheuerte Lösungen" verhindern bzw. zumindest einschränken können. Einen Überblick darüber findet man in einer recht praktischen und vor allem lesbaren Broschüre des Landes zum Durchblättern oder DownloadenZum Beispiel Das Projekt in der Chimanigasse: der Umbau eines relativ großen Einfamilienhauses zu einer 8-Wohneinheiten umfassenden Wohnhausanlage - unter Ausnutzung aller möglichen Zentimeter und einem Gebäudeteil + Parkplätze "inmitten" der rundumliegenden Gärten hat die Gemüter der Nachbarn und Anrainer erhitzt. Hier waren sich auch alle Parteien einig in der Ablehnung dieses Projekts - aber Widmung ist Widmung und die gilt und kann auch nicht "anlassbezogen" geändert werden.
Dieses Projekt war auch Mit-Auslöser für die Verhängung der Bausperre und die neuen Bebauungsrichtlinien. Aber durch die Beschränkung auf 3 Wohneinheiten wäre das Projekt auch nicht zu verhindern.
Ob sich im Inneren des Gebäudes 3 oder 8 Wohnungstüren befinden, wirkt sich auf die Nachbarn ja nicht wirklich aus. Und wahrscheinlich würde sich das Grundstück sogar durch Teilung auch für 6 Wohneinheiten nutzen lassen.
Die verbauten Flächen und der Wohnblock + Parkplätze "mitten im Garten" wäre auch unter den neuen Bedingungen bewilligungsfähig. Also kein Zentimeter gewonnen!
individuelle blockweise Betrachtung
Um die (meist "blockweise" geltenden) Bebauungsdichten und -höhen und die Festlegung von (inneren) Baufluchtlinien oder größeren Mindestabständen zu verändern, sind eine individuelle (grätzelweise) Betrachtung und Gespräche mit den EigentümerInnen notwendig - so wie der Masterplan2036 das eigentlich vorsieht.Nur: das ist aufwendig.
Zeit hätte der Gemeinderat gehabt (2 Jahre Bausperre) - aber der Wille, drüber zu reden war nicht da.
Viel einfacher ist es - mit der plakativ-einfachen Methode viel zu versprechen und Details nur dann zu beachten, wenn sich wer aufregt. Nur ist dann die Frage, wie weit die Gemeinde "bescheuerte Lösungen" dann noch verhindern kann.
Mehrfamilien-Wohnhäuser in der Beschränkungszone
in der auf 3 Wohneinheiten / Grundstück beschränkten Zone finden sich auch einige bestehende großvolumige Wohnbauten.Das wird sich im ersten Moment nicht auswirken, da ja "nachträglich" gewidmet wurde - also keine Angst, die Abrissbirne muss deshalb nicht in Betrieb genommen werden.
Es ist aber zu befürchten, dass diese Beschränkung bei kleinen Änderungen (z.B. Teilung oder Zusammenlegung von Wohneinheiten) doch zu Problemen bei der rechtlichen Auslegung führen könnten.
Und tatsächlich stärken derartige "Unsauberkeiten" wohl kaum das Vertrauen in eine nachhaltige und durchdachte Raumordnungsplanung der Gemeinde.
Generationenwohnen - und Baugruppen ...
Lebensphasen ändern sich - und damit häufig auch der Bedarf an Wohnraum. Generationenwohnen - also z.B. das Zusammenwohnen von Eltern und erwachsenen Kindern, und/oder aber auch Großeltern kann dann gut funktionieren, wenn Privatsphäre erhalten bleibt, z.B. durch die Abtrennung von Wohneinheiten. Kommt dann vielleicht noch eine Pflegerin dazu, mag zwar der Wohnraum ausreichen - aber dürfen tut man's eigentlich nicht mehr.Bei Zweifamilienhäusern auf einem gemeinsamen Grundstück wird diese Grenze noch leichter erreicht.
Ganz zu schweigen von Baugruppen (mehrere Personen, die gemeinsam ein größeres Grundstück bebauen) oder gar Reihenhäusern. Die sind nur mehr möglich, wenn die Grundstücke vorher geteilt werden. Das macht aber die Vorteile die solche Bebauungsformen (auch für die "Nachbarn" und für "das Ortsbild") haben, wie z.B. gemeinsame Stellflächen, gemeinsame (größere) Grünflächen, aufeinander abgestimmte Bauweisen sehr viel schwieriger umsetzbar.
Nachhaltig gültige Bebauungsplanung...
Wir geben nicht auf. Auch wenn die Beschränkung auf 3 Wohneinheiten (und damit verbunden Bauflächen-Mindestgrößen) am Mittwoch voraussichtlich mehrheitlich beschlossen werden: für die Entwicklung einer nachhaltig gültigen Bebauungsplanung ist es nicht zu spät.Wir hoffen, dass es gelingt, über individuelle Bebauungsbestimmungen zu reden, bevor mögliche Probleme durch Widmungsbeschränkungen auftreten oder das nächste eigenartige Bauprojekt mit bescheuerten Lösungen die verbleibenden Möglichkeiten der Wohnflächenmaximierung aufs Letzte ausreizt. Wir werden einen entsprechenden Antrag einbringen und eine lange Liste an Ungereimtheiten im Bebauungsplan.