09.06.2018 14:27

Verkehr & Infrastruktur

Der Streit um die Hovengasse

Hovengasse Einfahrt

warum die Grünen die Einfahrtssperre in die Hovengasse beibehalten wollen - wieso das jetzt zum Thema wird und wie wichtige verkehrspolitische Entscheidungen in Korneuburg gefällt werden...

Hovengasse ist attraktiv für FußgängerInnen und RadfahrerInnen

Die Hovengasse ist seit ungefähr 20 Jahren aufgrund der "Zufahrtssperre" im Bereich des Ringes eine sehr verkehrsberuhigte Straße. Es gibt hier keine Zebrastreifen, keine Ampeln und auch keinen Radweg - braucht man auch nicht, denn man ist auch so zu Fuß und mit dem Rad sicher unterwegs.
Natürlich sind Verbesserungen möglich - insbesondere für den Übergang / die Überfahrt vom Ring zum Bahnhof.

Dass im Zuge der Ansiedlung des RWA-Bürogebäudes in der Pamerstraße eine Attraktivierung der Hovengasse für den Fuß/und Radverkehr versprochen wurde, hat diesem Projekt trotz (uns Grünen wahrscheinlich angeborener) Skepsis gegenüber dem Raiffeisen-Konzern hier auch positive Aspekte für die Stadtentwicklung aufgezeigt. Denn von einer hübschen Gestaltung und guten Bedingungen für den Fuß/Radverkehr profitieren nicht nur die künftigen RWA-MitarbeiterInnen, sondern auch die AnrainerInnen.

Attraktive Fuß/Radverbindung und Durchzugsverkehr schließen sich aus

Würde man die Hovengasse "öffnen", würde das den Durchzugsverkehr des gesamten Viertels südlich der Bahn anziehen - und ohne weitere Maßnahmen sogar noch mehr.

Die Qualität für Fußgänger/Radfahrer würde jedenfalls sinken!
Wer geht schon gerne eine Durchzugsstraße entlang? Wer nutzt gern den Radweg z.B. auf der B3? Und wer verklickert den AnrainerInnen, dass sie nicht mehr in der Gasse parken können, weil für ordentlichen Gehsteig, ordentlichen Radweg UND parkende Autos kaum genug Platz in der Hovengasse ist?

Mobilitätskonzept: Beibehaltung der Einfahrtssperre

Wir haben zwischen 2015 und 2017 ein Mobilitätskonzept erarbeitet mit dem Ziel, den Individualverkehr trotz Bevölkerungszuwachs "im Zaum zu halten". Mit einer Attraktivierung von Fuß- und Radverbindungen und des Öffentlichen Verkehrs ist das auch erreichbar, wie aus den durchgeführten Modellberechnungen hervorgeht.

Für den Problembereich "Morgenstau" Donaustraße/Ring/Wienerstraße sieht das Mobilitätskonzept keine "Öffnung der Hovengasse" vor, sondern:
- einen Kreisverkehr (wenn's nach uns geht, eine Ampel) nach der Bahnunterführung
- eine Abbiegespur im Bereich Ring/Wienerstraße
- "Umleitung" der RadfahrerInnen und FußgängerInnen durch Attraktivierung der Routen zum Hauptplatz (über Donaustraße) und "Richtung Wien" über die Hovengasse.
Auf Grundlage dieses Konzepts wurden Modellrechnungen erstellt, die dann die voraussichtlichen Engstellen im KFZ-Verkehrsfluss aufgezeigt haben.

Das Mobilitätskonzept ist ein Kompromisspapier, auf das die Gemeinderatsfraktionen sich nach vielen stundenlangen Diskussionen geeinigt haben. Der Kreisverkehr im Bereich Donaustraße/Ring war ein Vorschlag der ÖVP (wir hätten die Lösung in einer Ampelregelung gesehen).

Grundlage war die Mobilitätsbefragung, an der sich mehr als 10 % der BürgerInnen beteiligt haben. Unter den mehr als 700 Maßnahmenvorschlägen war nur ein einziger Vorschlag, die Hovengasse zu öffnen - und da ging es nur um die Anrainer. Dennoch wurde eine Öffnung diskutiert und verworfen.

Was dann wirklich passiert ist konzeptlos

Die ÖVP sieht im Mobilitätskonzept offenbar nur eine Ideensammlung - und umgesetzt wird, was dem Baustadtrat wichtig erscheint. Das sind im Normalfall keine Maßnahmen für sanfte Mobilität - aber das ist auch ein anderes (bzw. viele andere) Kapitel.

Jetzt reden wir über die Öffnung der Hovengasse, die Abbiegespur ist als Thema verschwunden. Das Thema "Attraktivierung der Hovengasse als Fuß/Radwegverbindung" wird mit der Öffnung ad Absurdum geführt.

Eine Modellberechnung (wie viele Autos würden dann durch die Hovengasse zur B3/A22 fahren) gibt es nicht, aber den Auftrag an ein Planungsbüro, einen Entwurf für die Gestaltung der Hovengasse zu erstellen.
Nach unserem Antrag im Mai-Gemeinderat hat uns der Bürgermeister versprochen, sich bezüglich möglicher Berechnungen zu erkundigen.

Woher kommt das Thema jetzt?

Auszug aus der Unterlage Alte Werft - Neue Ideen
Auszug aus der Unterlage Alte Werft - Neue Ideen
Bildquelle:
"Alte Werft - Neue Ideen" - Teil 4 Seite 125

Im Jänner wurde das Werftentwicklungskonzept präsentiert - und in diesem Konvolut ist u.a. auch Ableitung des Verkehrs von der Werft über die Hovengasse angeführt. Es hat einige Zeit gedauert, herauszufinden, wie denn diese Maßnahme in das Werftentwicklungskonzept kommt - nach Wochen/Monaten ist nun geklärt, dass die ÖVP darüber "nachdenkt"...
Wie's nach dem Nachdenken weitergehen soll, ist unklar. Für eine solche Maßnahme braucht man nicht mal einen Gemeinderatsbeschluss, im Prinzip deshalb auch nicht mal eine Diskussion im Gemeinderat oder in einem Ausschuss. Dementsprechend meint der Baustadtrat, dass nach der Diskussion in der ÖVP-Fraktion umgesetzt wird - der Bürgermeister sagt immerhin eine Diskussion des Themas in irgendeinem Ausschuss zu.

Klar ist: Die ÖVP diskutiert intern und trifft die Entscheidung dann mit ihrer absoluten Mehrheit. Damit macht sie eine verkehrspolitische Frage zu einem parteipolitischen Thema. Wie das geht, hat sie schon einmal bei der Aufhebung der Wohnstraßenverordnung im Jochingergassenviertel bewiesen.

Öffentliche Diskussion ist unerwünscht.

Hände falten - Goschn Halten

erwartet die ÖVP von der Opposition. Immer mehr Themen werden nur mehr ÖVP-fraktionsintern diskutiert. Die Opposition darf dann Vorschläge zur "Entschärfung" einbringen.
Gemeinsam erstellte Konzepte wie Masterplan oder Mobilitätskonzept spielen dabei eine untergeordnete Rolle - wichtig ist, was die Meinungsmacher in der ÖVP als wichtig sehen.

Wohin dann mit den Autos?

Uns ist klar, dass Autos sich nicht in Luft auflösen und leidenschaftliche AutofahrerInnen ihr Mobilitätsverhalten nicht von heute auf morgen ändern. Das Ziel einer Reduktion des KFZ-Verkehrs ist nicht nur wichtig für den Umwelt- und Klimaschutz und für die AnrainerInnen. Auch für die berufsbedingt Autofahrende und "leidenschaftlichen AutofahrerInnen" wäre ein ungebremstes Ansteigen des KFZ-Verkehrs katastrophal - und wer selbst nicht umsteigt, wird sich wünschen, dass andere das tun.

Wenn Anliegen von FußgängerInnen und RadfahrerInnen als Luxusproblem dargestellt werden ("was wollt's denn, man kann überall in Korneuburg zu Fuß gehen") und gleichzeitig auf jeden "Stau-Ärger" mit der Öffnung neuer Durchzugsstraßen reagiert wird, wird sich schon gar nichts ändern. Denn solange der KFZ-Verkehr nur verlagert wird, stößt man unweigerlich irgendwo auf die nächste Grenze - ob bei der Auffahrt auf die A22 oder in Wien.

Gerechtigkeit?

Das Motto "Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer" - aus dem Masterplan ins Mobilitätskonzept übernommen - ist ein Kompromiss für die Gemeinderatsfraktionen. Aber selbst dieser Kompromiss wird ständig ignoriert.

FußgängerInnen und RadfahrerInnen wollen nicht auf Hauptverkehrsstraßen unterwegs sein. Das ist allgemein bekannt und zeigt sich auch an den korneuburger Verkehrszählungen. Und das wird sich auch in der Hovengasse zeigen. Eine Öffnung der Hovengasse bedeutet nicht die Gleichberechtigung der Autofahrer, sondern eine Benachteiligung der FußängerInnen und RadfahrerInnen - denn die verlieren damit eine attraktive Verbindung!