13.05.2017 13:08

Umwelt & Lebensqualität Verkehr & Infrastruktur

Postverteilzentrum - Standpunkt der Grünen

Post

Die Aufregung um das geplante Postverteilzentrum im Bereich der Autobahnabfahrt Korneuburg Ost erhitzt die Gemüter.
Die Grünen sprechen sich nicht "einfach" gegen das Projekt aus - sondern plädieren für vernünftige Verkehrslösungen und eine gemeinsame Strategie der betroffenen Gemeinden.

Zahlen, Daten, Fakten... sind schon ein bisschen spärlich!

Wer sich über Zahlen und Daten betreffend des Postverteilzentrums informieren will, ist auf Zeitungsartikel und Flugblätter der AnrainerInnen angewiesen: Weder auf den Homepages der Gemeinden, noch auf der Seite "Post.at", findet sich eine aussagekräftige Projektbeschreibung.

In Bisamberg - als am stärksten betroffene Gemeinde - haben sich die Fraktionen auf eine Stellungnahme im Umwidmungsverfahren geeinigt und diese auch veröffentlicht. Die grundlegenden Daten des Projektes finden sich aber leider auch hier nicht.

In Langenzersdorf widmet der Bürgermeister sein Vorwort in der Gemeindezeitung - Daten zum Projekt selbst finden sich aber auch hier nicht. Und die Aussage, dass 300 MitarbeiterInnen des Postverteilzentrums in der Region einkaufen gehen werden, ist doch wohl etwas blauäugig...

In Korneuburg findet sich genau nichts....

Für die Grünen und für kritische BürgerInnen sind Zahlen, Daten und Fakten aber essentiell, um sich eine Meinung zum Projekt Postverteilzentrum bilden zu können. Wir werden uns deshalb bemühen, notfalls über Umwege zu diesen Zahlen zu kommen.

Warum nicht mal alle an einen Tisch?

Bisamberg fordert eine strategische Umweltprüfung - Korneuburg sorgt sich um den Stau bei der Abfahrt und will an den Kommunalabgaben teilhaben - Langenzersdorf will das Projekt umsetzen ...
Die junge ÖVP will das Verteilzentrum, die Gemeinde-ÖVP sieht's wie die Gemeinden - die SPÖ hat nix dagegen, aber ...

Wir Grünen haben unsere Standpunkte gemeindeübergreifend diskutiert und sind uns einig:

* Die Bedenken der AnrainerInnen darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Es sind daher alle Maßnahmen zu ergreifen, um die, aus der Aufschließung des Betriebsgeländes zu erwartenden, Belastungen zu reduzieren.
* Die Post verspricht CO2neutrale Abwicklung und Zustellung: Bei einer Projekteinreichung muss diese CO2-Neutralität dargestellt, nachgewiesen und geprüft werden.
* Die Troubles um das PVZ sollten zum Anlass genommen werden, in der Region endlich über eine faire und lenkende (!) Aufteilung von Kommunalsteuern zu reden.

Die Post.at beim Wort nehmen!

Die Post verspricht, einen Teil des Zustellverkehrs auf Elektromobilität umzustellen - und auch den notwendigen Energieverbrauch des Verteilzentrums vor Ort durch Photovoltaikanlagen zu decken.

CO2-neutrale Zustellung - damit wirbt die Post - wir würden gerne wissen, wie genau sie das nimmt!

Theoretisch ist eine CO2neutrale Zustellung und -Abwicklung möglich. Dazu müssten aber gewaltige Mengen Erneuerbarer Energie vor Ort erzeugt und der Fuhrpark fast zur Gänze auf E-Mobilität umgestellt werden. Dann wäre das PVZ vielleicht sogar ein Gewinn für die Umwelt - denn jetzt knattern die Postzusteller ja in der Region noch ganz unelektrisch durch die Gegend. Die zentrale Frage ist halt: Wie viel von dieser CO2-neutralität kauft sich die Post durch irgendwelche Zertifikate?

Konkrete Zahlen und Berechnungen fehlen - und vor allem fehlen Informationen, in welcher Form die angekündigten Maßnahmen auch verpflichtend gemacht werden!

Denn die Erfahrung, dass Maßnahmen in Umweltverfahren vorgeschrieben und dann im Lauf der Zeit "vergessen" werden, haben wir schon zur Genüge gemacht! Vom gewerberechtlichen Verfahren ist hier auch nicht wirklich viel zu erwarten, denn CO2neutrale Betriebsführung ist in Österreich noch nicht verpflichtend.




Verkehrserreger Postverteilzentrum?

Der größte Zankapfel am Projekt Postverteilzentrum ist der dafür prognostizierte Verkehrszuwachs auf der Abfahrt Ost und der B3. Diese punktuelle Mehrbelastung des Straßenverkehrssystems ist enorm und es braucht eine vernünftige punktuelle Lösung insbesondere für die AnrainerInnen an der B3. Die Grünen unterstützen daher eine Umsetzung des Kreisverkehrs bzw. direkten Zufahrt zum Betriebsgelände (ohne Belastung der B3), wenn dies technisch machbar ist. Die Einhaltung div. LKW-Durchfahrtsverbote muss gewährleistet werden - eine häufigere Überprüfung wäre nicht nur in diesem Bereich des Bezirks ohnehin gefragt!

Es geht aber auch um das Gesamtkonzept abseits des Florianiprinzips!
Was in der Diskussion aber völlig untergeht, ist die Tatsache, dass ja schon jetzt etwa 100.000 Pakete durch die Post in das Verteilgebiet geliefert werden - nur eben von Wien 23 und Prag ausgehend. Es ist also davon auszugehen, dass der überwiegende Teil der Fahrten umverlagert wird und nicht neu entsteht. Genauso wie die Arbeitsplätze....

Aber es braucht jedenfalls auch eine Gesamtbewertung des Projekts und seiner Umweltauswirkungen, egal, wo letztlich die Post einen Standort für ihr neues Verteilzentrum findet. Die Verlagerung der Verteilung nach NÖ ist wahrscheinlich insgesamt sinnvoller und effizienter als die derzeitige Handhabung. Aber es führt kein Weg daran vorbei, dass die Post auch ihre Gesamt-Strategie offenlegt Derzeit ist diesbezüglich keinerlei Bereitschaft der Post ersichtlich.

Wer ist nun tatsächlich der Verkehrserreger?

Der Verkehr entsteht durch den regen Paketversand, für den privaten Konsum (Versandhandel) und im Wirtschaftsverkehr.

Allein die Post liefert täglich 100.000 Pakete ins Verteilgebiet - dazu kommen die anderen Anbieter wie DPD, UPS, DHL und wie sie alle heißen (Der Marktanteil der Post beim Paketversand liegt bei 76 % im Privatkundenbereich und bei 31 % im Geschäftskundenbereich.)

Solange wir meilenweit entfernt sind von einer Kostenwahrheit im Verkehr und Transportkosten damit nicht ins Gewicht fallen, wird dieser Trend weiter boomen. Dass gerade die Wirtschaftskammer an vorderster Front gegen diese Kostenwahrheit kämpft ist eine andere Geschichte - die die regionale Wirtschaft eigentlich auf die Barrikaden bringen müsste.

Derzeit ist jedenfalls kein Ende dieses Trends in Sicht - umso wichtiger ist ein (Verkehrs)effizientes Verteilsystem mit möglichst wenigen Umwegen und möglichst umweltschonenden Fahrzeugen.

Auch hier gilt wieder: ohne Offenlegung der Gesamtstrategie, können die Auswirkungen des PVZ nicht bewertet werden!

Das Grundübel: eine Gemeinde hat die Einnahmen - die andere die Belastung

Das "Grundübel" - die Ansiedlung von Betrieben, um Kommunalsteuer zu lukrieren - egal, ob sie auf den Standort passen oder nicht - muss regional aufgegriffen und bekämpft werden!

Denn: Das Postverteilzentrum ist nicht der erste Betrieb, bei dem eine Gemeinde die Steuereinnahmen und eine andere Gemeinde die Umweltauswirkungen zu spüren bekommt.

Kommunalsteuereinnahmen per se sind ja nichts Unanständiges. Die Gemeinden brauchen Geld, um die nötige Infrastruktur für Betriebsansiedlungen zu schaffen und ev. erforderliche Ausgleichsmaßnahmen zu finanzieren.
Und natürlich brauchen wir auch Arbeitsplätze in der Region - auch für weniger qualifizierte ArbeitnehmerInnen!

Das Problem ist, dass bei der Kommunalsteuer jeweils nur der Standort des Betriebes zählt und die Gemeinden sich bei der Ansiedlung von Betrieben konkurrenzieren, statt zusammenzuarbeiten. Und bei allfälligen Entscheidungen (Grundstücksverkauf, ev. Widmungen) werden eben nur die Gemeinderäte der Standortgemeinde gefragt - die Umweltauswirkungen machen aber nicht an der Gemeindegrenze halt!

Um so weit zu kommen, dass die Gemeinden in unserer Region bei der Ansiedlung von Betrieben den jeweils am Besten Standort im Auge haben (und nicht nur das jeweilige Gemeindebudget), braucht die Region Regelungen für eine Aufteilung der Kommunalsteuer. Das ist an sich bereits möglich, wenn die Gemeinden sich einigen. Bisher hat man sich erfolgreich davor gedrückt, denn es ist zweifellos nicht einfach, faire Regelungen zu finden.

Aber gerade weil es nicht einfach ist, muss die Region endlich beginnen, sich damit zu befassen!" Denn auf Dauer bringt uns das Florianiprinzip nicht weiter - und regelmäßige Demos an Gemeindegrenzen auch nicht.